39 - Die Gazwa von Tabuk

Editor


39 - Die Gazwa von Tabuk

Im neunten Jahr der Hidschra (630 n. Chr) erreichte Medina die Nachricht, dass der Kaiser Herakleios von Byzanz mit Unterstützung verbündeter christlich-arabischer Stämme wie die Lahm, Dschuzam, Amila und die Ghassaniden, begonnen hatte, sich auf einen Krieg vorzubereiten. Obwohl Dürre und Hungersnot herrschten, begann der Prophet daraufhin, sich auf diesen Krieg vorzubereiten. Sein Ziel war es, die feindlichen Angriffe gleich an der Angriffsstelle abzuwehren und somit mögliche Gefahren im Keim zu ersticken. Wenn man im Koran (at Tauba 9/38-106) und in den Quellen der Geschichte des Islam die Berichte über diese Kriegsvorbereitungen liest, begreift man, dass die Muslime die Byzantiner, die die Sassaniden ein für alle Mal besiegt hatten, als eine sehr große Macht wahrgenommen hatten. Obwohl er meistens geheim hielt, gegen wen der nächste Feldzug geführt werde, ließ der Prophet diesmal verlauten, dass das Ziel die byzantinische Armee sei; die Reise würde lang, der Feind mächtig und groß sein. Man befand sich außerdem in einer sehr heiße Jahreszeit und zudem war Erntezeit.

Während der Vorbereitungen für den Feldzug halfen viele Gefährten, allen voran Uthman, die islamische Armee aufzurüsten. Uthman gab der Armee 1.000 Reittiere und rüstete 10.000 Krieger aus, indem er für jeden Krieger einen Goldtaler ausgab. Abdurrahman b. Awf und Talha b. Zubayr spendeten auch große Summen. Umar gab die Hälfte seines Vermögens, während Abu Bakr sein ganzes Vermögen spendete. Jederman versuchte zu helfen und trug somit zum Aufrüsten der islamischen Armee bei.

Neben den aufrechten, selbstlosen und strebsamen Muslimen, gab es natürlich auch Munafiq, die auch diesmal Pessimismus und Verzweiflung verbreiteten. An die Macht von Byzanz erinnernd, sagten sie, dass es in dieser Jahreszeit der Dürre und Hungersnot keinen Sinn hätte, auf einen Feldzug zu gehen und versuchten somit, die Muslime zu demoralisieren. Es gab jedoch auch Muslime, die zu arm waren, um sich ein Reittier zu besorgen und deshalb nicht am Feldzug teilnehmen konnten und die deswegen weinten.

Mit der größten Armee der damaligen Zeit, die aus 30.000 Soldaten bestand, darunter 10.000 Reitern, zog der Prophet bis nach Tabuk, das 700 km nördlich von Medina, auf dem Weg nach Syrien lag, und schlug hier sein Heerlager auf (Radschab 9 / Oktober 630). Hier verbrachte er fünfzehn bis zwanzig Tage, begegnete jedoch keinen byzantinischen Truppen. Während seines Aufenthaltes in Tabuk schickte der Prophet, mit dem Ziel die Mitglieder dieser Stämme zum Islam einzuladen, Truppen nach Dscharba, Ayla, Azruh, Makna und Maan, die zum größten Teil Christen und Juden waren und sich in Richtung Westen verbreitet hatten. Ihre Botschafter kamen zum Propheten und teilten mit, dass sie den Islam nicht annehmen, jedoch Steuern (Dschizya) zahlen würden; hiermit, unter der Voraussetzung, dass ihr Leben, ihre Besitztümer und ihre Glaubensfreiheit geschützt wurden, akzeptierten sie es, Angehörige des islamischen Staates zu sein. Der Prophet ließ für jedes einzelne dieser Gebiete einen Vertrag schreiben und übergab diesen den Botschaftern. Inzwischen wurde eine von Khalid b. Walid kommandierte 400-köpfige Truppe nach Dumat al-Dschandal geschickt, einem wichtigen Zentrum auf dem Weg zum Irak. Khalid eroberte die Festung von Dumat al-Dschandal, nahm Ukaydir b. Abdulmalik, ein christlicher Amir, der sich den Muslimen gegenüber feindlich verhielt, gefangen und brachte ihn zum Propheten. Dieser schloss einen Vertrag mit Ukaydir mit der Voraussetzung, dass er Dschizya zahlen werde, und ließ ihn in seine Heimat zurückkehren. Mit der Zahlung der Dschizya waren nun auch die Bewohner von Dumat al-Dschandal bereit, die Herrschaft des islamischen Staates zu akzeptieren.

Es ist überliefert, dass der sich in Tabuk aufhaltende Prophet dem byzantinischen Kaiser Heraklios, der sich zu dem Zeitpunkt angeblich in Homs (Hims) oder Damaskus aufhielt, durch Dihya b. Khalifa al-Kalbi einen zweiten Einladungsbrief zum Islam schickte. Im Brief wurde ihm die Wahl zwischen dem Islam, der Dschizya oder Krieg gegeben. Zusätzlich wurde er gebeten, die Bewohner seines Landes in Frieden zu lassen, falls diese den Islam annahmen. Der Kaiser las den Brief, besprach es mit seinen religiösen und militärischen Beratern und sandte einen dem christlich-arabischen Stamme Banu Tanuh angehörigen Boten zum Propheten. Dieser wurde so gut wie es die Umstände des Feldzugs ermöglichten, bewirtet und Uthman schenkte ihm eine wertvolle Kleidung.

Die Gazwa von Tabuk, der letzte Krieg, an dem der Prophet persönlich teilnahm, war eine harte Prüfung, und da sie zu einem ungünstigen Zeitpunkt (Sa'at al-Usra) stattfand, wurde die Armee, die an diesem Feldzug teilgenommen hatte, "Dschaysch al-Usra" (Armee der schwierigen Zeiten) genannt. Auch Verse im Bezug auf diesen Feldzug zeigen dies. Der Koran beinhaltet viele Ayat, die über die Muslime, welche bei diesem Feldzug mitgemacht hatten oder aber ihm ferngeblieben waren, berichten. Auch handeln diese Ayat von den Muschriq, die nicht am Krieg teilgenommen hatten und außerdem auch versucht hatten, diejenigen, die am Krieg teilnehmen wollten, davon abzubringen (at-Tauba 9/38-106, 117-118).

Als der Prophet nach dem Feldzug von Tabuk wieder nach Medina zurückkehrte, ging er zur Masdschid al-Nabawi und verrichtete das Gebet, um Allah zu danken. Danach nahm er die Glückwünsche derjenigen entgegen, die aus verschiedenen Gründen nicht am Krieg teilgenommen hatten. Er nahm die Gratulationen der Munafiq nur scheinbar entgegen, die behaupteten, aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage gewesen zu sein, mit auf den Feldzug zu gehen. Denn sie logen und wiesen falsche Entschuldigungen vor (at-Tauba 9/94-97). Ka'b b. Malik, einer der berühmten Dichter des Propheten, Halil b. Umayya, ein Teilnehmer des Badr Krieges, und Murara b. Rabi waren nachlässig gewesen und hatten am Feldzug nicht teilgenommen, obwohl sie weder finanzielle noch gesundheitliche Probleme hatten. Sie kamen zum Propheten und gestanden ihm dies. Der Prophet, der ihnen die kalte Schulter zeigte, sagte, dass sie warten sollten, bis Allah über sie urteile; er verbot den anderen Muslimen, mit ihnen zu sprechen und verlangte, dass sie eine Zeit lang getrennt von ihren Ehefrauen lebten. Diese Situation war für sie nur sehr schwer auszuhalten. Sie konnten sich weder unter die Menschen begeben, noch ihnen ins Angesicht schauen. "Wenn sich doch die Erde auftäte und wir darin verschwänden!" dachten sie. Bald aßen sie fast nichts mehr, sie weinten und flehten zu Allah. Letztlich wurde in den nach dem fünfzig Tage dauernden Boykott offenbarten Ayat ihr Geisteszustand beschrieben und verkündet, dass Allah ihnen vergeben und ihre Buße angenommen habe (at-Tauba 9/118). Diese göttliche Begnadigung erfreute vor allem diese drei Gefährten, aber auch den Propheten und die anderen Muslime. Als Dank, dass seine Buße akzeptiert worden war, wollte Ka'b b. Malik sein Hab und Gut den Armen spenden; doch der Prophet sagte ihm, es sei segensreicher, einen Teil davon zu behalten. Also behielt er sein Landstück in Khaybar und verteilte den Rest.

Eine andere Maßnahme, die der Prophet ergriff, nachdem er aus Tabuk zurückgekommen war, war das Abreißen des berühmten Gebäudes namens Masdschid al-Dirar, das die Munafiq als Zentrum des Komplotts gegen die Muslime gebaut hatten. Als der Prophet mit den letzten Vorbereitungen für den Feldzug von Tabuk beschäftigt war, kam eine Gruppe der Munafiq zu ihm und sagten, sie hätten eine Masdschid gebaut, damit die Alten, Kranken und Behinderten in kalten, regnerischen Nächten hier das Gebet praktizieren könnten. Sie baten ihn darum, sie beim ersten Gebet zu führen und dadurch die Masdschid zu eröffnen. Der Prophet sagte, dass er kurz vor dem Aufbruch zu einem Feldzug stehe und dass er dies erst machen könne, wenn er zurückkehrte. Auf dem Rückweg von Tabuk, während er mit seiner Armee in Zuawan übernachtete, kamen manche Munafiq zu ihm und versuchten, ihn zu ihrer Masdschid mitzunehmen, damit er das Gebet verrichtete. Währenddessen wurden Verse über diese „Scheinmasdschid" und das Vorhaben derjenigen, die sie gebaut hatten, offenbart (at-Tauba 9/107-110). In diesen Ayat wurde hervorgehoben, dass diejenigen, die diese Masdschid gebaut hatten, Lügner waren und vorhatten, den Gläubigen Leid zuzufügen und sie untereinander zu spalten. Außerdem wurde dieser Ort als Masdschid al-Dirar (Masdschid des Schadens und der Heuchelei) bezeichnet und dem Propheten wurde offenbart, dass er das Gebet hier niemals praktizieren solle, sondern dies in einer von Frömmigkeit geprägten Masdschid ausführen solle (die Masdschid al-Quba oder die Masdschid al-Nabawi). Als hiermit klar wurde, dass dieses Gebäude ein gegen die Muslime gebauter Ort des Komplotts und der Zwietracht war, ließ der Prophet es von zwei Gefährten abreißen.

وَبَشِّرِ الَّذِين آمَنُواْ وَعَمِلُواْ الصَّالِحَاتِ أَنَّ لَهُمْ جَنَّاتٍ تَجْرِي مِن تَحْتِهَا الأَنْهَارُ كُلَّمَا رُزِقُواْ مِنْهَا مِن ثَمَرَةٍ رِّزْقاً قَالُواْ هَذَا الَّذِي رُزِقْنَا مِن قَبْلُ وَأُتُواْ بِهِ مُتَشَابِهاً وَلَهُمْ فِيهَا أَزْوَاجٌ مُّطَهَّرَةٌ وَهُمْ فِيهَا خَالِدُونَ
Übermittle den Gläubigen, die gute Werke verrichten, die fröhliche Botschaft, dass Gott sie mit Paradiesgärten belohnen wird, unterhalb derer Flüsse fließen! Wenn sie Früchte erhalten, sagen sie: "Diese ähneln in Form und Art jenen, die wir früher auf Erden bekommen haben." Doch sie sind nur ähnlich. Reine, makellose Gattinnen werden sie dort haben. Im Paradies werden sie ewig bleiben.