8 - Beginn der öffentlichen Einladung

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8 - Beginn der öffentlichen Einladung

Im vierten Jahr nach der ersten Offenbarung begann der Prophet, die Menschen in Mekka öffentlich zum Islam einzuladen. Die ersten und wichtigsten Personen, die Mohammed (sav) ansprach, waren die Mitglieder der Quraisch. Sie besaßen Götzen, welche sie in der Kaaba und ihrer Umgebung aufgestellt hatten, kümmerten sich seit der Zeit von Abraham und Ismael um die Dienste der Hadsch und Umra, besaßen deswegen Privilegien und wurden unter den anderen Stämmen respektiert. Um möglichst viele Besucher zu der Kaaba zu bringen, hatten sie auch Götzen anderer Stämme in der Kaaba und ihrer Umgebung aufgestellt. Es wurde eine schwierige Zeit für Mohammed (sav), der weiterhin Familienangehörige und nahe Freunde zum Islam einlud. Es wurde von ihm erwartet, die offenbarten Wahrheiten ohne Scheu vor den Polytheisten zu verkünden (al-Hidschr 15/94) und es war ihm befohlen worden, bei seinen nächsten Bekannten nend, alle zu warnen (al-Shu'ara 26/214). Der Prophet begann seine Anstrengungen, welche bis zur Eroberung Mekkas, also ungefähr zwanzig Jahre dauern würden, indem er seine nahen Verwandten zu einem Festmahl einlud. Der Einladung folgten ungefähr fünfundvierzig Personen der den Quraisch angehörigen Sippe der Haschim und den Muttalib. Nach dem Essen begann, bevor Mohammed (sav) das Wort ergreifen konnte, dessen Onkel Abu Lahab zu sprechen und sagte: "Ich habe niemanden (anderen) gesehen, der etwas so Böses und Schlechtes zu seinem Stamm gebracht hat.". Nachdem er dies gesagt hatte, verließen die Gäste die Versammlung. Mohammed (sav), den dieses Ereignis sehr traurig stimmte, organisierte ein paar Tage später eine zweite Versammlung. Dabei sprach er über die Einheit Gottes, über seine Einzigartigkeit, über seinen eigenen Glauben und sein Vertrauen an Ihn. Er versicherte, dass er seine Gäste nie anlügen würde, und fuhr fort: "Ich bin der an euch und die gesamte Menschheit gesandte Prophet Allahs. Ich schwöre bei Ihn, dass ihr sterben werdet, genau so, wie ihr einschlaft, und man wird euch auferstehen lassen, genau so, wie ihr aufwacht. Ihr werdet eure Taten auf Erden erklären müssen; für eure schlechten Taten werdet ihr bestraft und für die guten werdet ihr belohnt werden. Himmel und Hölle sind ewig. Ihr seid die Ersten,, die ich warne". Abu Talib, der Onkel des Propheten, erwiderte, dass er diese Worte schön fände und dass er ihn unterstützen würde; dass er jedoch die Religion seiner Vorfahren nicht verlassen könne. Sein anderer Onkel Abu Lahab wollte, dass die Verwandten Mohammed (sav) an seinem Vorhaben hindern sollten und erzählte ihnen, dass sie getötet werden würden, falls sie ihn schützten. Hierauf erklärte Abu Talib, dass er bis an sein Lebensende an der Seite seines Neffen sein würde. Später handelte Abu Lahab zusammen mit seiner Frau stets gegen Mohammed (sav) und betrachtete ihn als Feind. Er behauptete, dieser würde lügen, er sei ein Zauberer und würde die Angehörigen seines Stammes aufeinander hetzen. Deswegen wurde eine Sure offenbart, in der sein Name erwähnt wird und in der mitgeteilt wird, dass Abu Lahab zusammen mit seiner Frau verdammt sein werden (al-Masad / Lahab 111/1-5). Obwohl im Koran mehrmals die Worte, Taten und sogar die Absichten derer, die gegen Mohammed (sav) und die Muslime waren, genannt werden, wird keiner außer Abu Lahab namentlich erwähnt.

Eines Tages entschied sich Mohammed (sav), auf den Hügel Safa zu gehen, um allen Mekkanern den Islam zu verkünden und sprach zu denen, die sich dort versammelt hatten, folgende Worte: "O Quraisch! Würdet ihr mir glauben, falls ich euch sagen würde, dass sich eine feindliche Truppe hinter diesem Hügel befindet?". Als die Antwort "Ja, wir haben dich nie lügen gehört." war, fuhr er wie folgt weiter:"Dann gebe ich euch Bescheid, dass ihr sehr stark leiden werdet... Allah hat mir befohlen, meine nahesten Verwandten zu warnen. Ehe ihr 'Es gibt keinen Gott außer Allah' sagt, kann ich euch weder hier, noch im Jenseits von helfen können...".

Die Führenden der Quraisch hatten sich anfangs nicht so sehr gegen Mohammeds (sav) Einladung zum Islam geäußert. Als der Prophet aber anfing die Ayat vorzutragen, die die Vielgötterei kritisieren und verkündete, dass Götzendiener in der Hölle enden würden, fingen sie an, seine Mitteilung als eine Bedrohung und ihn als Feind zu sehen und versuchten, ihn an seiner Verkündung und Einladung zu hindern. Außerdem machten sie sich Sorgen darüber, dass das Grundprinzip des Islam, der Tawhid, überhand bekommen und den Götzendienst verdrängen würde, und sie dadurch die Vorherrschaft gegenüber den anderen arabischen Stämmen verlieren und dass auch der Handel Schaden tragen würde. Die Quraisch schätzten die von ihren Vorfahren stammenden Traditionen sehr. Für sie war der Götzendienst ein absolut zu schützender Kult. Sie brachten dies häufig zur Sprache und sagten, dass sie die Religion ihrer Vorfahren nicht verlassen könnten. Auch ethisch waren die Quraisch nicht in der Lage, die Einladung des letzten Propheten anzunehmen. In Mekka herrschte während dieser Zeit, welche nachher als Dschahiliya (Unwissenheit) bezeichnet wurde, eine Moral, welche schlechte Gewohnheiten wie Alkoholkonsum, Glücksspiele, Ehebruch und Betrug begünstigte. Gleichzeitig war es eine Moral der unrechtmäßig erworbenen Gewinne, der Ausbeutung und Unterdrückung der Menschen, die auf materieller Macht und Verwandtschaftsverhältnissen in den Stämmen beruhte. Der Koran kritisierte diese unmoralische Einstellung und verkündete, dass Vorrang unter Menschen nur durch die Verehrung des Herrn und der Barmherzigkeit gegenüber seinen Geschöpfen entstehen könne (al-Hudschurat 49/13) und dass diejenigen, die gegenteilig handeln, im Jenseits bestraft werden würden.

Als die Quraisch sahen, dass Mohammed (sav) immer mehr Anhänger erhielt und ihren Glauben und ihr Handeln kritisierte, fingen sie an, ihn zu schmähen. Kurz darauf zögerten sie auch nicht mehr, Gewalt auszuüben. Manche Quellen berichten detailliert über die Quälereien, die Bedrängungen und sogar Folter, die die Muschriq gegen den Propheten und die Muslime ausübten. Vor allem die Taten, die von Polytheisten wie Abu Dschahil, Abu Sufyan, Abu Lahab, Umayya b. Halaf, Walid b. Mugira, Ukba b. Abu Mu'ayt und Hakam b. Abu'l-As ausgeübt wurden, waren beschämend für die ganze Menschheit. Familien, Sklaven und Dschariye (Sklavinnen), die nach Mekka kamen, waren die am meisten Betroffenen. Sie mussten hungern, wurden auf heißen Sand gelegt und es wurden Felsenstücke auf sie gelegt. Die Familie von Yasir durchlebte die härteste dieser Folter. Yasir war nach Mekka gekommen, um seinen verlorenen Bruder zu suchen. Er wurde von Abu Husaifa vom Stamme Banu Mahzum in Obhut genommen und heiratete eine seiner Dschariye, Sumayya. Aus dieser Ehe wurde der berühmte Sahabi (Gefährte) Ammar b. Yasir geboren. Yasir, Sumayya und Ammar waren unter den ersten Muslimen und duldeten die Folter der Muschriq im Vertrauen auf Gott. Sumayya starb durch die grausamen Taten Abu Dschahils und wurde die erste Märtyrerin der islamischen Geschichte. Auch Yasir wurde am selben Tag getötet. Ammar, der überlebte, betete nach einer Weile wieder zu Lat und Uzza, den wichtigsten Götzen in Mekka und sprach wider Mohammed (sav), da er die Folter nicht mehr aushalten konnte. Nachdem er sich von den Polytheisten befreien konnte, ging er zu Mohammed (sav) und berichtete, was geschehen war. Der Prophet, der sah, dass Ammar in großer Bedrängnis gewesen war, fragte ihn, was er gefühlt hatte, als er wider ihn gesprochen hatte. Ammer sagte, dass sich der Glaube in seinem Herzen nicht geändert hätte. Hierauf sagte ihm Mohammed (sav), dass nichts gegen sein Handeln sprach, solange er seinen Glauben bewahrte, und empfahl ihm, genau dasselbe zu tun, falls er wieder in eine solche Situation geraten sollte (Al-Nahl 16/106). Sklaven wie Bilal al-Habaschi, Suhayb al-Rumi, Habbab b. Arat und Abu Fukayha und Dschariye wie Zinnîre, Umm Ubays, Nahdiya und Lubayna mussten wegen ihres Glaubens viel Leid erfahren. Bilal al-Habaschi, der erste Muslim unter den Sklaven, wurde vor allem von seinem Herrn Umayya b. Halaf stark gequält. Er wurde mit einer Schnur an seinem Hals Kindern übergeben und von ihnen in den Straßen Mekkas herumgeführt. Umayya b. Halaf zwang ihn, sich mittags auf heißen Sand zu legen, ließ große, heiße Steine auf seine Brust platzieren, verlangte von ihm, dass er seinen Glauben an den einzigen Gott aufgebe und an Lat und Uzza glaubte. Trotz dieser Folter, sehr schwer atmend gab er die Worte "Ahad!..ahad!" (Allah ist Eins) von sich. So unterstrich Bilal seine Entschlossenheit in seinem neuen Glauben. Andererseits wurden auch die reichen Muslimen verschiedenen Qualen und Belästigungen ausgesetzt. Uthman zum Beispiel wurde durch seinem Onkel Hakam b. Abu'l-As unter Druck gesetzt und es wurden ihm finanzielle Verluste beigebracht, damit er den Islam verließ. Sa'd Abu Wakkas Mutter setzte ihm starkem Widerstand entgegen. In diesem Zusammenhang wurde ein Ayat offenbart, in dem mitgeteilt wurde, dass man Eltern nicht gehorchen muss, die einen zwingen, Allah zu leugnen (Luqman 31/15). Abu Ubayda b. Dscharrahs Vater war ihm feindlich gestimmt, nachdem er Muslim geworden war. Abdullah b. Mas'ud wurde geschlagen, bis er die Besinnung verlor und überall blutete, weil er im Hof der Kaaba die Verse Allahs rezitiert hatte. Mus'ab b. Umayr, der wohlhabend aufgewachsene Sohn einer reichen Familie, begegnete auch heftigen Reaktionen seitens seiner Familie. Sie gab ihm keine finanziellen Mittel und nahm ihm sogar all seine Kleidung weg. Der dem Stamme Gifar zugehörige Abu Zar wurde dreimal bis zur Besinnungslosigkeit geschlagen, weil er verkündet hatte, dass er Muslim geworden war. Abu Bakr, der in Mekka sehr angesehen war, hatte im Garten seines Hauses eine Masdschid (eine kleine Moschee) mit dicken Wänden bauen lassen, und vollzog das rituelle Gebet dort, weil es verboten war, dies im Freien zu praktizieren und den Koran zu rezitieren. Weiterhin wurde Mohammed (sav) Unrat und Dornen auf den Weg geworfen, sein Haus mit Steinen beworfen, und man versuchte sogar, ihn zu ersticken, indem man den Pansen eines Kamels auf ihn warf, als er sich während des Gebets niedergeworfen hatte. Allen voran Abu Lahab und seine Frau Umm Dschamil, die Schwester Abu Sufyans, machten Mohammed (sav) das Leben schwer. Umm Dschamil hatte Druck auf ihre zwei Söhne ausgeübt und dafür gesorgt, dass sie sich von den Töchtern Mohammeds (sav) scheiden ließen. Hierauf wurde die folgende Sure über Abu Lahab offenbart: "Verderben über die Hände Abu Lahabs und Verderben über ihn! Nicht soll ihm nützen sein Gut und sein Gewinn. Brennen wird er im Feuer, dem lohenden, Während sein Weib das Holz trägt, Mit einem Strick von Palmenfasern um ihren Hals. (al-Masad / Lahab 111/1-5).

Die Mushriq hatten erwartet, dass ihre Quälereien, die Belästigungen und Folter die Muslime dazu bringen würde, ihre Religion aufzugeben. Diese wurden jedoch nur noch stärker in ihrem Glauben. Die Schwierigkeiten und der Kampf, den die Muslime auf dem Wege Allahs erdulden mussten, verstärkten ihre Entschlossenheit und dies wiederum zeigte, wie wertvoll ihnen der Glaube war. Ratlos, als sie merkten, wie der Koran den Verstand und die Herzen der Menschen ansprach und diese beeindruckte, fingen die Quraisch an, Gerüchte zu verbreiten. Sie behaupteten, dass Mohammed (sav) ein Hellseher, ein Wahnsinniger oder ein Dichter sei, dass er den Koran von einem Christen gelernt hätte und dass dieses Buch eine Hexerei oder ein Märchen der alten Zeiten wäre. Aber diese unwahren Behauptungen wurden stets durch die an Mohammed (sav) übermittelten Ayat und die göttlichen Offenbarungen widerlegt.

Die Quraisch verhandelten mit Abu Talib zu drei verschiedenen Zeiten, in der Hoffnung, dass er seinen Neffen Mohammed (sav) von der Verkündung des Islam abhalten würde. Abu Talip wehrte das erste Mal er mit beruhigenden und wohltuenden Worten ab. Als die Quraisch während der zweiten Besprechung mit Drohungen begannen, rief Abu Talib den Propheten zu sich und sagte ihm, dass er ihn und seine Anhänger gegenüber seinem Stamme nicht mehr schützen könne. Als Mohammed (sav) sah, dass sein Onkel ihm nicht mehr beschützen wollte, sprach er: "Auch wenn sie die Sonne in meine rechte und den Mond in meine linke Hand geben, wird sich nichts ändern. Ich werde mich bemühen, bis Allah diese Religion triumphieren lässt, oder ich werde dies versuchend sterben.". Hierauf tröstete Abu Talib seinen Neffen: "Gehe und sage, was du willst, ich schwöre auf Allah, dass ich dich nicht an sie aushändigen werde.". Bei dem dritten Versuch machten die Quraisch Abu Talib folgenden Vorschlag: "Gib uns deinen Neffen und wir werden där dafür Walid b. Mugiras Sohn Umara als Sohn geben.". Abu Talib lehnte diesen Vorschlag natürlich ab. In der Zwischenzeit versuchten manch andere Quraisch, mit Mohammed (sav) persönlich zu sprechen, in der Hoffnung, er würde aufgeben. Utba b. Rabia kam zum Beispiel zu Mohammed (sav) und sagte: "... falls es Reichtum ist, den du willst, lass uns dir geben was du möchtest. Falls du Ansehen und Amtsgewalt suchst, dann lass uns dich zu einem unserer Führenden machen.". Er ging sogar noch weiter und schlug Folgendes vor: "Falls du dich wegen einer seelischen Krankheit so benimmst, lass uns dich heilen.". Nachdem Utba mit seinen Worten geendet hatte, rezitierte Mohammed (sav) die ersten Ayat der Sure Fussilat (Fussilat 41/1-6) und sagte, dass er ein von Allah beauftragter Prophet sei. Utba war von den Versen und der Rede Mohammeds (sav) beeindruckt, aber er akzeptierte den Islam nicht.

وَإِذَا سَأَلَكَ عِبَادِي عَنِّي فَإِنِّي قَرِيبٌ أُجِيبُ دَعْوَةَ الدَّاعِ إِذَا دَعَانِ فَلْيَسْتَجِيبُواْ لِي وَلْيُؤْمِنُواْ بِي لَعَلَّهُمْ يَرْشُدُونَ
Fragen dich Meine Diener nach Mir, sage ihnen, dass Ich ihnen nahe bin, ihre Bittgebete vernehme und ihnen stattgebe. Sie sollen sich Mir fügen und fest an Mich glauben, auf dass sie den rechten Weg der Vernunft gehen.